18
Sep
2008

Das Pflänzchen Hoffnung

Pflanze

Einst gab mir der Herzliebste mein
zu früher Stund als Morgengabe
ein Samenkörnchen winzig klein,
damit ich noch was von ihm habe.

Drauf las ich in nem Pflanzenbuch,
wie so ein Pflänzchen wird geboren.
Ein Päckchen Tempotaschentuch
hab ich zum Wasserbett erkoren.

Im schönen Wonnemonat Mai
begann's zu keimen, sich zu regen.
Nach ein paar Tagen Träumerei
wollt es nun draußen sich bewegen.

Ein Blumentopf, nur nicht zu klein,
gefüllt mit Vogelsand und Erde,
sollt seine neue Heimat sein,
auf dass es groß und kräftig werde.

Ich hegte es ganz liebevoll
tat's etwas düngen, fleißig gießen,
dass es gedieh ganz wundervoll
inmitten schöner Blumenwiesen.

Vom Stamm, gerade, voller Kraft,
vielfach die Triebe sich verzweigten,
gen Himmel wuchsen zauberhaft,
der Sonne sich entgegen neigten.

Es trug ein dunkelgrünes Kleid
aus schmaler, fein gezackter Spitze.
Und dann begann die Blütezeit
nach großer schwüler Sommerhitze.

Zahllose Dolden dicht an dicht,
geschmückt mit weißen Blütenfädchen.
Dein Tod mir den Genuss verspricht,
mein armes kleines Pflanzenmädchen.

(Bild: Hanspeter Schweizer)
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Katzenjammer

marc2

Liebes Miezchen, kleines Fellknäuel,
blickst mir zärtlich in die Augen,
streichst mir fröhlich um die Beine,
leckst dir's Mäulchen, sagst Miau.

Ach, mein Miezchen, wenn du wüsstest,
wie sie leiden, deine Schwestern,
die der Geldgier böser Menschen
wehrlos ausgeliefert sind.

Schrei der Angst und des Entsetzens -
festgebunden in Laboren,
vollgestopft mit Chemikalien,
mit Elektroschocks traktiert.

Eingefangen von Verbrechern,
zieh’n das Fell über die Ohren
deinen armen kleinen Schwestern,
denn das bringt so viel Profit.

Züchten nackte kahle Katzen
für den Mensch mit Allergien,
züchten Perser, schneeweiß, flauschig,
die schon blind geboren sind.

Arme kleine Katzen, zitternd,
hungernd irren durch die Straßen,
ohne Heimat, ohne Futter,
weil ihr Mensch in Urlaub fuhr.

Und will helfen, will sie retten,
treffe nur auf harte Herzen,
blinde Augen, taube Ohren -
Mensch, elende Kreatur!

Komm, mein Miezchen, lass dich kraulen.
Will dich lieben und verwöhnen,
will dir ein Zuhause geben.
Tropfen auf dem heißen Stein...

(Bild: Franz Marc, Mädchen mit Katze)
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