17
Apr
2010

Pablo Neruda

Neruda1

Hoch überm Elternhaus
kreiste der Kondor
mit blutigen Krallen
rief ihn in die Welt hinaus

Und er verließ sein Land
die Erde so rot
von dem Blut seiner Väter
wo er nur Elend fand

Fern in der alten Welt
im Land der Konquistadoren
das um die Freiheit rang
wurde er Dichterheld

Bis mordend der Kondor kam
herabstieß vom Himmel
mit blutigen Krallen
ihm Federico nahm

Rund um den Erdball klang
über Vulkane und Ozeane
bis runter nach Feuerland
machtvoll sein großer Gesang

Fand einen neuen Freund
schon nahte der Kondor
mit blutigen Krallen
Chile nun beide beweint

(Bild: Pablo Neruda)
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Frei

Taenzerin

Ich habe freie Fahrt, kann laufen,
kann schwarzfahrn, kann ein Ticket kaufen.

Ich habe frei, kann was erleben,
den ganzen Monatslohn ausgeben.

Bin frei und kann nach Malle fliegen,
dort gröhlend unterm Tresen liegen.

"Ich bin so frei, gestatten Sie?"
Schon legt er mir die Hand aufs Knie.

Ja, selbst dem Moslem, bitte schön,
dem steht es frei, nach Haus zu gehn.


Nein, diese Freiheit mein ich nicht.
Aus meiner Sicht lohnt sie sich nicht.

Frei fühl ich mich an frischer Luft,
wenn mich kein Chef zur Arbeit ruft.

Frei bin ich, wenn mich goldne Sterne
des Nachts begrüßen aus der Ferne.

So frei im hellen Sonnenschein,
denn du lädtst mich zum Kaffee ein.

Frei sein, das kostet nichts, ist frei.
Ein bisschen Spaß ist auch dabei!

(Bild: Otto Müller, Neger und Tänzerin)
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Der Domestike

Bazille2

Es lebte einst ein Domestike
so tugendhaft wie ein Spartaner,
jedoch im Dienst von Madame Nike
wurde er heimlich zum Schuhspanner.

Pantöffelchen aus reiner Seide,
mit bunten Federn reich geschmückt,
wie oft hat diese Augenweide
den Liebestollen still beglückt.

Die Riemchen güldner Sandaletten
bereiteten ihm süßen Schmerz,
sie wanden sich gleich schweren Ketten
auf ewiglich um Hand und Herz.

Nachts spiegelten sich tausend Sterne
hell auf den Tanzschuhen aus Glas,
in heißem Sehnen hat er gerne
darin vergraben seine Nas.

Die Stiefel mit den hohen Hacken
aus weichem Leder bis zum Knie
wichste er mit gebeugtem Nacken
in selbstvergessener Manie.

Als ihn die Domina entdeckte,
trat sie ihn wütend grün und blau,
worauf er wie ein Hund verreckte
zu Füßen der grausamen Frau.

Lass dich nicht blenden von den Frauen,
von ihrem Glanz und schönen Schein.
Denn wirst du ihre Schätze schauen,
wirst du sogleich verloren sein.

(Bild: Frederic Bazille, La Toilette)
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Verlorenes Paradies

Halbe Frau

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