10
Okt
2011

Mutter

Ich weiß nicht, wann es genau angefangen,
als du Teufel Alkohol auf den Leim gegangen,
weil Angst dich zu beherrschen begann
vor der Welt, vor dem eifersüchtigen Ehemann,
weil kein Ausweg war, weil Verzweiflung dich quälte,
weil niemand dir was von der Hoffnung erzählte.

Einst strahlend schön wie Prinzessin Soraya,
saßest du nun so erbärmlich und klein da
mit aufgedunsenem Bauch und Gesicht.
Verschwommenen Blicks sahst du mich nicht,
hieltst blind von Tränen das Glas in der Hand,
trankst es leer, trankst es leer ohne Sinn und Verstand.

Hast alles vergessen, selbst die Mutterpflicht,
hörtest mein Rufen, mein Flehen nicht,
dein Kind blieb zurück im Straßenschmutz,
ganz ohne Hilfe und ohne Schutz.
Mutter! Warst doch früher für mich da,
warst mir so lieb, warst mir so nah!

Dann war ich die Mutter, du warst das Kind,
übernahm alle möglichen Aufgaben geschwind,
reichte dir Wasser, spendete Trost,
rief in der Firma an, wo sie sehr erbost,
war dein Schutzengel, bettelte und schrie,
doch Teufel Alkohol, den besiegte ich nie.

Irgendwann erreichte ich dich nicht mehr,
dein Haar war ganz grau, dein Blick war so leer.
Bist nun viele Jahre tot, mein lieb Mutterherz,
unglücklich zu sterben ist wirklich kein Scherz.
Ach, hier sitz ich und weine an deinem Grab
um dich, der Gott dies eine Leben gab.
1082 mal gelesen
logo

Verlorenes Paradies

Halbe Frau

Inhalt

Verlorenes Paradies