29
Sep
2008

Friedrichshain, Frankfurter Allee

stalinallee

21.00 Uhr bei Salamas
dufte Stimmung
lachende Gesichter
Prösterchen
auf die neue Saison

St. Pauli - Osnabrück 2:2
Bayern – HSV 2:2
1 Punkt für jeden
für die einen ein Fest
für die anderen eine Blamage

Schon 5.30 Uhr
Salaman ist müde
Torsten ist friedfertig
Monika ist schlecht
Zeit zu gehen

Ich schlendere
die Frankfurter Allee entlang
die ersten Punks
und ein paar Vietnamesen
sind schon unterwegs

Vor mir zwei Studenten
in ein Gespräch vertieft
Wer bin ich
Woher komme ich
Wohin gehe ich

Eine ältere Frau
beschimpft sie laut
ihr verdorbenen Schweine
ihr Abschaum
ihr Sittenstrolche

Die S-Bahn
fährt nur alle 15 Minuten
Zeit für eine Zigarette
setze mich auf das Treppchen
der Bettler und rauche

Ein weißhaariger Mann
spricht mich an
„Schulljung,
kann ick Ihnen wat Jutet tun?“
und schenkt mir eine Flasche Bier

Am türkischen Imbiss
lasse ich sie öffnen
der Mann gratuliert mir
zum Bier und sagt:
“Einen schönen Tag noch!“

Ich begreife
so schnell kann es gehen
und du bist ganz unten
aber nie verloren
im Herzen Berlins

Wie die Vögel des Himmels
die Tauben am Bahnsteig
die Enten auf der Spree
werde ich hier immer
Menschlichkeit finden

(Bild: Chargesheimer, Stalinallee um 1959)
1805 mal gelesen
JimPfeffer - 30. Sep, 10:39

Liebe Petra,

sehr schön hast du diesen tollen Abend im Friedrichshain
bei Salaman beschrieben.
Dieses Gedicht spiegelt aber auch, daß Leben im Friedrichshain wieder.
So ist es wohl auch ein wenig Zeitgeschichte. Ich hoffe, wir wiederholen den Abend bald mal wieder.

Liebe Grüße JimPfeffer

Halbe Frau - 30. Sep, 15:06

Lieber Jim,

Ja, die einstige Große Frankfurter Straße, später Stalinallee, Karl-Marx-Allee, jetzt Frankfurter Allee genannt, blickt in der Tat auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Sie diente schon früh als Verbindungsweg nach Frankfurt/Oder. Hier endete das Leben von Michael Kohlhaas, hier schrieb Alfred Döblin seinen Roman "Berlin Alexanderplatz", hier kam 1945 die Rote Armee in die Stadt, hier begann auch der Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953. Die Stalinallee sollte die erste "sozialistische Straße" der DDR werden. Sie wurde zum Symbol für ein neues städtebauliches und architektonisches Leitbild. Am 25. November 1951 rief das SED-Zentralkomitee das "Nationale Aufbauprogramm" ins Leben. Trotz massiven Materialmangels sollte im Zentrum der Stadt ein leuchtendes Beispiel sozialistischer Architektur entstehen, das sich vor allem am sowjetischen Vorbild orientierte. 45.000 Helfer beteiligten sich am Neuaufbau. 38 Mio. Tonnen Ziegelsteine und 1000 Tonnen Nutzstahl konnten aus den Trümmern geborgen und für die Neubauten aufgearbeitet werden. Die 2,3 Kilometer lange Stalinallee wurde zur größten Baustelle der DDR.
Heute tummeln sich in der Frankfurter Allee Menschen aus vielen Nationen und mit unterschiedlichsten Lebensentwürfen.
Wo anders könnte unser Salaman seine Fußballkneipe haben, in der regelmäßig auch die Spiele des FC St. Pauli übertragen werden und wo wir einen fröhlichen EM-Abend mit unseren Holländern verbrachten?
Ich freue mich auf ein Wiedersehen bei Salaman.
Lieben Gruß
Petra
JimPfeffer - 1. Okt, 11:28

Hallo

Petra,

du bist echt der Hammer. Ich habe auf der Arbeit jemanden der Historiker ist und sich sein ganzes Leben lang mit der Stalinallee beschäftigt hat. Ich glaube der würde sich riesig darüber freuen, wenn er deine Zeilen lesen würde. Bei Gelegenheit werde ich sie ihm zeigen. Diese Straße hat soviel Geschichte in sich, daß es kaum zu fassen ist. Ich werde dir, darüber ein kleines Buch besorgen, daß der Historiker verkauft.

Liebe Grüße Jim

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