13
Mrz
2020

Racheengel Else Kling

Else-Kling

Vorgetragen auf unserer Demo am 14. März 2020 in Berlin
gegen die Absetzung der Fernsehserie "Lindenstraße"


Griaß Gott, Saupreißn in Berlin!
I woaß net, Preißn, kennts ia mi? – Naa? – Joo!
I woar dem Hausmoasta sei Frau
in dera Lindenstroß, genau.

Des is lang her, scho vierzehn Joahr.
Do bin i gstorbn, weils Zeit scho woar.
Mir is des recht, ihr wissat ja,
i kann eh schweign wiara Grab!

Grad schee woars druntn in da Gruft,
als auf amoi a Stimm mi ruft.
A Rab hot auf mei Grab drauf gschissn,
hot gschrien, i müsst des Neuste wissn.

"Do drom is Sodom und Gomera,
weil z Minga dia großkopfat Herra
ham gsagt, dia oide Lindenstroß,
die wolln ma net, Pfiats eich, des woars!

Dia Zuschaua wern gar net gfragt,
des Zwangsgeld wird scho eingesackt.
Des is wia vor fünfhundert Joahrn,
als d Baura no leibeigen woarn.

Der Geißendörfer is net hier.
Mei, der hot kämpft grad wiara Stier.
Do hams eam glei des Mei verbotn,
jetz muass er stad sei wia dia Dotn.

Dia ganze Stroß wird abgerissn,
dia ganzn Leit san angeschissn,
dia Beimerin war au fast dot.
Ach bittschön, hülf uns in der Not!"

Do hob i mi im Grab umdreht,
hob gsagt: "Mei Egon, i muss geh!"
Drauf hob i gschwind mein Besn packt,
bin wia da Wind auf d Erdn gjagt.

Bin glei zur ARD neiganga,
hob gfragt: "Wollts eich a Watschn fanga?
Da Deifi dat scho recht lang wartn
auf eich, Herr Herres und Konsorten.

Da Herrgott bstellt eich: Passts fei auf,
sunst kimmts ia net in Himmi nauf!
A schwere Sünd hobts ihr begangen,
No hobts a Frist, neu anzufangen.

Wenns schee macht, eia Scheißprogramm,
dann wolltat ma des scho gern ham.
Ist d Lindenstroß nimmer dabei,
dann schmeiß ma alls in d Mülltonn nei."

Do hams bleed gschaut, dia hohen Herrn,
ham gsagt: "Scho recht, wia nehmat gern
die Lindenstroße wiada nei,
am bestn glei auf Bayern 3."

Hob i des träumt? Des war grad schee!
Dann könnt i in mei Grab nei geh
und mit meim Egon Fenseh schaun.
Mei, is des net a scheena Traum?

Leit, dreimoi hobts ia no die Freid,
dann hots an End, dia scheene Zeit!
Kämpfts weita fia die Lindenstroß,
dass wiedakimmt! Pfiats eich, des woars.

(Bild: EO Reinhardt)
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27
Okt
2019

Im Gedenken an Cyparis

Nichts ist für die Ewigkeit.
Werden und Vergehen.
Kann man es verstehen?
Jedes Ding hat seine Zeit.

Unerbittlich ist der Tod,
nimmt uns unser Liebstes.
Keine Hoffnung gibt es,
wenn er mit der Sense droht.

Doch so lange wir noch sind,
hören wir es scherzen
tief in unsren Herzen,
unser liebes Musenkind.
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21
Mai
2019

Vom kleinen König und seinen Untertanen

Es war einmal ein kleiner König,
ihn dick zu nennen wär zu wenig.
Er hatte sich höchstselbst gekrönt
und seine Vita auch geschönt.

Er tat mehr schlecht als recht regieren,
ließ lieber sich zur Tafel führen.
Wenn man ihm die Serviette band,
gab's nirgends Wildschwein mehr im Land.

Ließ sich im Königreich rumtragen,
so konnt er alle überragen
auf seinem riesengroßen Schild.
Fürwahr, ein imposantes Bild!

Er trug von nem famosen Schneider
von Hand gewebte neue Kleider
aus Stoff, der ganz besonders war,
hauchzart, vollkommen unsichtbar.

Und seine Untertanen lachten,
bis ihnen ihre Schwarten krachten.
"Ha, dieser König is'n Witz,
der Fettwanst mit nem Kopf voll Grütz!"

Die Diener aber, die den König
herumzutragen hatten ewig,
die liefen sich die Beine ab,
bis es am Ende keine gab.

Mussten sich kriechend fortbewegen,
das kam dem König auch gelegen.
Nun krochen sie ihm hinten rein,
das fand er ganz besonders fein.
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13
Mrz
2019

Geeignetes Verkehrsmittel

„Warum ist es am Rhein so schön?“
hör ich die Leute fragen.
„Ich würd zur Not zu Fuß hingehn,
so schön ist’s!“ kann ich sagen.

Zu teuer ist es mit der Bahn,
fürs Auto muss man blechen.
Der Flieger kommt viel schneller an,
die Umwelt zahlt die Zeche.

Das Tramperleben, das ist klar,
doch stimmt mich das auch traurig,
ist nicht mehr das, was es mal war,
man steht die Füß in Bauch sich.

Mit Fahrgemeinschaft oder Bus,
da könnte es wohl klappen,
nach Köln zu reisen ohn Verdruss
anstatt auf Schusters Rappen.
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31
Okt
2018

Annes Metamorphosen

Wer kennt denn schon die Namen all,
kennt all die Menschen, die sie tragen.
Ach, Namen sind nur Rauch und Schall,
hör ich zu Unrecht Leute sagen.

Beherzt auf Stöckelschuhen lief
einst Bipontina über Brücken,
sah, ob sie grad warn oder schief,
sah Blumen sprießen aus den Lücken.

Als Zwilling später zeigte sie
den Foren ihre zwei Gesichter,
als Mentor voller Empathie,
als Spötter und gestrenger Richter.

Die alte Leier stets von vorn,
die spielte sie zum Wohl der Sprache.
Manch blindes Huhn fand so ein Korn,
doch stieß sie oft auf eine Brache.

Die Lehren hatten einen Bart,
so lang wie der von Barbarossa.
Sie tat es auf die feine Art,
falls ihr nicht zu sehr stank die Gosse.

Das große Rom, es wurde nicht
erbaut an einem einzgen Tage,
doch Romulus, der kleine Wicht,
legte den Grundstein ohne Frage.

Es ist ein unerhörtes Thing,
dass sie die schnöde Welt verlassen.
Wer nicht aus Liebe Feuer fing,
der durfte sie zumindest hassen.

Ja, Cyparissos/Cyparis
samt all ihren Metamorphosen,
die ehre ich und sage Tschüss.
Macht euch jetzt nicht mehr in die Hosen...
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28
Okt
2018

Schnitter

Für Cyparis

Liebes! Du bist nicht mehr hier.
Ach, ich kann es noch nicht fassen,
dass du plötzlich uns verlassen.
Bliebe nur ein Teil von dir.

Einsam ist’s im Wiesengrund
ohne deine lieben Worte.
Seh ich dich am andern Orte,
wenn mir einmal schlägt die Stund?

Hilflos ist der Mensch und klein,
ohn Erbarmen ist der Schnitter,
drischt er mit der Sense drein,

klirrend wie ein Eisgewitter.
Und so wird’s auf ewig sein,
ja, ich weiß, und doch ist's bitter.

***

Segador

Amiga! Ya no estás aquí.
Todavía es como un mal sueño,
que de repente nos dejaste.
Te hubieras quedado un ratito.

Se siente solo en el prado
sin tus versos llenos de belleza.
¿Te veré en otro mundo,
cuando me llega la hora una vez?

Sin poder es el hombre y pequeño,
sin compasión es el poderoso segador,
que trilla su guadaña, tintineando
como una tormenta de hielo.
Así será por siempre y para siempre.
Sí, lo sé. Aunque es amargo.
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26
Okt
2018

Die touristische Conquista - The Tourist Conquista

Wie oft beklagen wir uns in Berlin über die vielen Touristen. Doch verglichen mit den andalusischen Städten ist Berlin, touristisch gesehen, ein verschlafenes Kuhdorf.

Tag für Tag spucken Flugzeuge, Busse und Bahnen Heerscharen von Touristen auf Andalusien aus, die die Luft verpesten, in die Städte einmarschieren, Gassen und Strände, Moscheen und Kathedralen okkupieren.

So ist das einst beschauliche Ronda inzwischen längst fest in der Hand der Busunternehmen und von Touristen überschwemmt, was der Fremdenführer dort als "überfallartig" bezeichnet.

Zum Wohl der Touristen werden Hotels aus dem Boden gestampft, Appartements dem Wohnungsmarkt entzogen, werden Wasser und Strom verschwendet, landen von den üppigen Frühstücksbuffets Unmengen von Resten auf dem Müll.

Was können wir tun? Andalusien ist herrlich, unbestritten, und seine Schönheit wollen wir Touristen gern mit allen Sinnen genießen. (Ja, ich denke sogar, meine Reise dort hin hat ein bisschen mein Leben verändert.) Doch gehört dieses schöne Land leider nicht mehr den Andalusiern, die jedoch aufgrund ihrer Armut auf den Tourismus angewiesen sind. Ein Teufelskreis.

***

The Tourist Conquista

In Berlin we often complain about the many tourists. But compared to the Andalusian cities, Berlin is, from the touristic point of view, a sleepy cow village.

Every day, planes, busses and trains spit out masses of tourists polluting the air, invading the cities, occupying alleys and beaches, mosques and cathedrals.

Thus, the once contemplative Ronda is firmly in the hands of the bus companies, flooding the town with tourists, what the guide there called "raid-like".

For the tourists’ sake, hotels are stamped out of the ground, apartments are taken from the housing market, water and electricity is wasted, and after the rich breakfast buffets, vast amounts of food is thrown on the garbage.

What can we do? No doubt, Andalusia is just gorgeous, and we want to enjoy its beauty with all our senses. (Yeah, I even think this journey has changed my life a bit.)

Unfortunately, this beautiful country is no longer owned by the Andalusians, who, however, depend on tourism because of their poverty. A vicious circle.
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25
Okt
2018

Ich liebe Andalusien

Ich liebe Andalusien! Vor allem das alte al-Andalus hat es mir angetan. Die riesige Moschee in Córdoba, mit ihren vielen Säulen aus Marmor, den kunstvoll geschnitzten Holzdecken, den bunten Fliesenornamenten. Córdoba, zur Zeit der Kalifen das Zentrum der Gelehrsamkeit in Europa, wo Menschen aller Religionen friedlich zusammenlebten - bis die katholische Isabella kam. Zugegeben, die gotischen Kirchen und barocken Kathedralen sind auch sehr schön anzusehen, abgesehen von einigen Gemälden, auf denen das Sünderblut nur so spritzt. Ich liebe die Städte mit ihren verwinkelten Gassen, mit ihren Basaren und Düften, mit Häusern und Höfen, über und über geschmückt mit Blumen. Und die Alhambra, die über Granada thront, mit ihren Brunnen und Gärten, inmitten grüner Hügel am Rand der Sierra Nevada. Die Strelizien, die Dattelpalmen und Orangenbäume, die seltene Igeltanne. Den Guadalquivir, an dessen grünen Ufern viele Vogelarten leben. Die Geburtsstätte des Flamenco, die Heimat von Seneca und Moses Maimonides, von Murillo und Pablo Picasso, von Federico García Lorca und Rafael Alberti. Ich liebe es, am Mittelmeer oder am Atlantik zu sein, wo frischer Fisch und alter Wein auf den Tisch kommen, denn in Andalusien dreht sich alles ums Essen und Trinken. Und ich liebe die leichte, fröhliche und temperamentvolle Art der Andalusier und Andalusierinnen. Wobei man nicht vergessen darf, dass Andalusien die ärmste spanische Provinz ist und als Agrarland auch sehr unter dem Klimawandel zu leiden hat.
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Verlorenes Paradies

Halbe Frau

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