4
Aug
2020

Entscheidung

Unsere Herzen klopfen
im Takt.
Du hübsches Kind,
wie schön wir sind
ganz nackt.
Gelöst, erlöst,
ganz aufgelöst.

Ein Wermutstropfen:
deine Frau.
Du lebst mit ihr,
ich lebe hier,
und schau:
Du hast sie angelogen,
wir haben sie betrogen.

Heimliche Geliebte
will ich nicht sein.
Das brächte Streit
und großes Leid
und wär gemein
für sie, für dich
und auch für mich.
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17
Jun
2020

Watch it

Hol dir die App gegen Corona!
Der Herr Minister ruft es laut.
Bist du’s gewöhnt, juckt nicht die Bohne
dich so ein Chip unter der Haut.

RFID-Tags auf der Bluse,
Blind Date im Internetcafe,
Freund Google folgt dir auf dem Fuße
bis in das Chambre Separee.

Fährst du zum Alex mit der U-Bahn,
zeichnet die Kamera es auf.
Benimm dich anständig, du Blödmann,
sonst nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Telefonierst du mit dem Dealer,
dann weiß es auch das Dezernat.
Der Dealer war halt nur ein Spieler,
der sich am End verzocket hat.

Gibt’s mit der Staatsgewalt Bambule,
dann sieht die Sache anders aus.
Nein, seine Nummer rückt der Bulle,
wenn du ihn fragst, partout nicht raus.
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An Lady Anne von Camster and Glencairn

Wenn die Füchsin bei Nacht ihre Kreise zieht
und der Silbermond in meine Stube scheint,
singt die Nachtigall manchmal ein Klagelied,
und dann hab ich mal wieder um dich geweint.

Als die bunteste Hündin warst du bekannt,
als die geistreichste Plauderin vor dem Herrn,
als der qualmendste Drache im ganzen Land,
als am hohen Himmel hell leuchtender Stern.

Leuchte weiter, mein Stern, strahl zu uns herein,
dass dein schöner Geist weiter die Kreise zieht.
Wenn du willst, leuchte ich allen Schurken heim,
und wir singen zusammen ein schönes Lied.
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Ach Medusa

Es konnt die gestrenge Medusen
nicht kopflose Trottel verknusen.
So manch jungen Mann
ließ sie aber ran
an den Tisch und den Rotwein der Musen.

Weh dem, der sie eifrig umschleimte,
doch schlampig und fehlerhaft reimte.
Das schaffte Verdruss,
zumal Pegasus
in ihr, nur in ihr allein keimte.

Mit sämtlichen Hauern und Klauen
tat sie jeden zwicken und hauen,
der nicht auf der Stell
ein top Ritornell
zu ihrer Erbauung konnt bauen.
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6
Mai
2020

Weg, mit Steinen gepflastert

Das Corona, mit und ohne,
flicht uns eine Dornenkrone.
Steckt die Palmenwedel ein,
werft den zweiten, dritten Stein.

Wolln den ersten reservieren
für den, der frei von Allüren,
ohne Schuld und Sünde ist.
Noch hat keiner ihn vermisst.

Der Zweite:
Lügenpresse, halt die Fresse!
Schenkt uns nicht Corona-Pässe.
Werft „das Merkel“ in den Knast,
dessen Nase uns nicht passt.

Hetzt die Juden, die Muslime.
Öko-Diktatur-Regime
und der ganze Gender-Mist
ist’s, worauf der Deutsche pisst.

Wollen, wie’s uns angemessen,
von den goldnen Tellern fressen.
Fiedelt uns die Melodie
zu dem grausen Déja vu!

Der Dritte:
Sitzen ganz verzagt am Fenster.
Draußen huschen die Gespenster
durch die Nacht, fast unsichtbar,
wie’s in alten Sagen war.

Maskenbälle, Todesfälle,
erste, zweite, dritte Welle,
Zahlenwirrwar überall.
Strafe für den Sündenfall?

Wollen, wie’s uns angemessen,
auch von goldnen Tellern essen.
Tauschen gern die Freiheit ein
gegen ein paar Krümelein.

Der Letzte:
Wenn wir uns zusammenreißen,
finden wir den Stein der Weisen,
eh der Dampfer untergeht.
Hoffe, es ist nicht zu spät.
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24
Mrz
2020

Am Arnimplatz

Hatte ich heute morgen noch gegen den Schönheitskult gewettert, weil es anscheinend Frauen gibt, die sich schwarz die Nägel machen lassen wollen, so fasse ich mich jetzt schön an der eigenen Nase.

Spaziergänge sind in diesen Tagen nämlich etwas ganz Besonderes geworden. Ich kenne das noch aus der Zeit nach meiner Krebs-OP, als mir jede Wiesenblume, jeder zwitschernde Vogel wie ein Wunder erschien, was es ja auch ist. Und weil die Spaziergänge, die uns das freisinnige Berlin gestattet, zum Luxus geworden sind, habe ich mich dafür extra ein bisschen hübsch gemacht. Die Haare gefönt, so gut ich es kann, was Buntes angezogen, und dann nix wie raus, diesmal zum Arnimplatz.

Dort war wie immer viel los, nur der Spielplatz war leer. Die Leute genossen das schöne Wetter und unterhielten sich. Anders als in meiner Gegend waren nicht alle um Sicherheitsabstand bemüht, und ich hatte zu tun, den zahlreichen Joggern und Grüppchen von Jugendlichen auszuweichen.

Auf dem Rückweg ging ich noch beim weltbesten Bäckerladen vorbei und nahm sündhaft leckeren Kuchen mit, der gar nicht teuer war.

Das sind die kleinen Freuden des Lebens. Weg von Konsumwahn und Hetze, zurück zur Natur. Als Blumenkind der Siebziger würde ich mir wünschen, dass dieser Spirit wieder auflebt. Love & Peace. Vielleicht haben wir ja die Chance.
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19
Mrz
2020

Frühlingsspaziergang trotz Corona

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Nachdem ich gestern meinen ersten Tag in Quarantäne um einen Kampfgefährten trauernd, aus allen Kanälen Corona hörend und Trübsal blasend zugebracht hatte, hielt es mich heute nicht mehr in den vier Wänden. Kreuzigt mich, aber ich wollte mich einfach am Sonnenschein und am jungen Grün erfreuen, bevor das Wetter wieder schlecht wird. Und ohnehin stärkt Bewegung an der frischen Luft das Immunsystem.

Nach den gestrigen mahnenden Worten der Kanzlerin und nachdem neuerdings die Sechzehn- bis Neunundzwanzigjährigen als Hauptüberträgergruppe des Virus vermutet werden, würden sich bestimmt weniger dieser "Volksschädlinge" draußen aufhalten und mich als Angehörige einer Risikogruppe gefährden. Wahrscheinlich würden wieder viele Autofahrer unterwegs sein, denn die freien Bürger haben ja jetzt wieder freie Fahrt und eine gute Entschuldigung.

Der Kontrollgang über den Hof schien meine Vermutung zu bestätigen. Diesmal kein einsames Kind auf der Schaukel, stattdessen Kindergeschrei aus einem Fenster. Auch der Altpapiercontainer war ungewöhnlich leer. Womöglich horten die Leute jetzt das Zeitungspapier, für den Fall, dass es kein Klopapier mehr gibt.

Aber draußen war dann alles normal bzw. fast normal. Viele Menschen unterwegs, die sich aber nicht drängelten, so dass die Omas mit ihren Rollatoren mal gemächlich übers Trottoir schlendern konnten, ohne fast umgestoßen zu werden. Auch die tratschenden Prenzlberger Mütter und die Gäste vor den Restaurants hielten einen Sicherheitsabstand ein.

Am Humann- und am Helmholtzplatz spielten die Kinder, bewacht von ihren Eltern. Die Trinker am Helmi allerdings saßen zum Teil mit weniger als 1 m Abstand zusammen. Da wird bestimmt bald die Polizei kommen.

Um mich noch mal richtig in Stimmung zu bringen, nahm ich zum Schluss den verschönerten Fröbelplatz in Augenschein. Dort sind die Wege jetzt frisch gepflastert und die Hunde werden von ihren Herrchen und Frauchen an der Leine herumgeführt. Auf der Wiese, wo früher ihr Treffpunkt war, stehen jetzt ein paar seltsame Trimmgeräte, die im Gegensatz zum Fußballplatz nicht genutzt werden. Wenigstens wischt von dem Betonwall, dem die alten Bäume weichen mussten, keiner die Graffiti weg.

Auf dem Heimweg nahm ich mir vom Straßenrand noch ein Donald-Duck-Heft mit. Weil ich kein Desinfektionsmittel habe, werde ich es ein paar Tage liegen lassen, bevor ich es lese.

Mein Fazit: Kaum vorstellbar, dass sich der Berliner seine sozialen Kontakte verbieten lässt, vor allem heutzutage, wo es ein interessantes Gesprächsthema gibt. Es werden wohl drastische Maßnahmen notwendig sein.

Vielleicht sind ja zur Zeit besonders viele Leute unterwegs, weil sie, so wie ich, noch ihre Freizügigkeit genießen wollen, bevor wir vielleicht bald alle in unsere Wohnungen eingesperrt werden.
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Angst

Alle haben Angst, und allmählich bekomme ich auch Angst.

Nach jedem Husten stelle ich erleichtert fest, dass der Husten nicht trocken, sondern schleimig ist, was daran liegt, dass ich zu viel rauche. Habe vorsichtshalber zwei Tassen Ingwertee getrunken, das stärkt die Abwehrkräfte.

Mindestens so viel Angst wie vor Corona habe ich davor, dass es zu einer Entsolidarisierung der Gesellschaft kommt, dass alle vereinzelt und verängstigt in ihren Wohnungen hocken und in den sozialen Medien gegenseitig aufeinander rumhacken. Dass in der Krise jeder sich selbst der Nächste ist und dass wir die Schwächeren im Stich lassen. Dass die Zivilisation sich als zu dünnes Kleid für uns Menschenaffen erweist, das allzu leicht zerfetzt.

Ich habe Angst vor Überwachung und Zwangsmaßnahmen durch den Staat und vor der Abschottung gegen den Rest der Welt. Angst auch vor evtl. finsteren Zeiten und der Barbarei.

Aber vielleicht kommt es ja ganz anders, und die Menschen besinnen sich zu Hause auf das Wesentliche, reichen einander die Hände bzw. Füße und retten die kaputte Welt.
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Nicht gerade der Hit

Mein erster Tag in selbst gewählter Quarantäne war nicht gerade der Hit.

Es begann spät in der Nacht mit einer schlimmen Nachricht. Ich war besorgt, weil wir Andreas nicht erreichen konnten, der eigentlich am vergangenen Wochenende in Berlin sein wollte, denn er war immer ein treuer Kämpfer für die Lindenstraße. Also begab ich mich auf seine FB-Seite und fand die Meldung, dass er am 14. März verstorben war, am Tag unserer Demo.

Ich versuchte eine bisschen zu schlafen, wachte wie gerädert auf und dachte den ganzen Tag an Andreas. Er, der immer ruhig war und sich im Hintergrund hielt, aber ab und zu seinen schrägen Witz aufblitzen ließ. Ein Gewerkschafter, ein kritischer Geist, ein zuverlässiger Gefährte. Der so krank war, und wir hatten es unterschätzt. Er hatte von seiner Angst geschrieben wegen Corona. Dass er ein Gefährder sei, weil er aus Dinslaken/NRW kam, wo eine alte Frau das erste Corona-Todesopfer war. Der wahre Grund für seine Angst war wohl, dass er seinen Tod voraus ahnte.

Wenn ein Tag so traurig beginnt, ist es nicht verwunderlich, dass man, auf die Wohnung beschränkt, Trübsal bläst.

Zwar gönnte ich mir ein Frühstück auf meinem sonnigen Balkon, aber so recht wollte es nicht schmecken. Ich verfasste einen Nachruf, die Katzen hielten mich auf Trab, ein bisschen Hausarbeit war zu erledigen, und als mir die Decke auf den Kopf fiel, schlich ich zum Müllcontainer runter.

Zu allem Überfluss schwirrten wieder ein paar Lebensmittelmotten in der Küche umher, diese Plagegeister, die ich letzten Herbst ausgerottet zu haben glaubte. Werde Pimmelas Rat befolgen und ein paar Schlupfwespen bestellen, wohl der einzig wirksame Weg, um die Motten loszuwerden. Kann es mir in der jetzigen Situation nicht erlauben, noch mal alle Vorräte wegzuwerfen, denn wer weiß schon, was kommt.

Abends kam erst mal zum Glück Dirk, und wir kochten zusammen. Wir wuschen uns andauernd die Hände und wahrten einen gewissen Sicherheitsabstand, was nicht schwierig ist, weil er mein Ex ist.
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18
Mrz
2020

Ein besonderer Tag

Ihr kennt doch sicher diese Fernsehsendungen, in denen Menschen, die sich aus den Augen verloren haben, auf wundersame Weise wieder zusammenfinden. So ein kleines Wunder ereignete sich auch an jenem denkwürdigen Sonntag auf der IFA, und es war fast ganz echt.

Eigentlich sind wir ja alle eine große Familie, die Darsteller der Lindenstraße auf und wir Fans vor dem Bildschirm. Auch bei uns kommt es manchmal vor, dass sich Menschen aus den Augen verlieren.

So geschah es auch mit Kostas Papanastasiou. Bis zur Folge 794 hatte er den Panaiotis Sarikakis gemimt, den singenden Wirt des Akropolis. Zu unserem Bedauern sagte er damals der Lindenstraße αντίο (Lebewohl), um in Georgien humanitäre Hilfe zu leisten. Gastwirt blieb er auch weiterhin, nämlich im legendären Terzo Mondo. Seit Jahren hatte er seinen Fernsehsohn Vasily nicht gesehen, der in Wirklichkeit Hermes Hodolides heißt.

Nun fand gerade die IFA statt, und ein paar Lindenstraße-Schauspieler gaben täglich Autogramm-Stunden. Nicht zufällig saßen wir just an diesem Wochenende am Berliner Lindenstraße-Stammtisch mit Kostas zusammen. Am nächsten Tag würden wieder drei Schauspieler auf der IFA sein, nämlich Cosima Viola, Philipp Neubauer und - Hermes Hodolides! Beschwingt vom Ouzo beschlossen wir kurzerhand, zusammen hinzugehen.

Gesagt, getan. Am Sonntag High Noon fuhren mit dem Taxi zum Messegelände. Wir nahmen Kostas in unsere Mitte und marschierten zum Stand der ARD. Kostas, unvergessen, stand in der Menge der Wartenden und musste viele Autogramme geben. Wir überzeugten die Securities, ihn durch die Absperrung zu lassen.

Das war eine Überraschung, als sich Kostas und Hermes plötzlich gegenüberstanden! Die Schauspieler strahlten, und bei uns Fans flossen die Tränen. Der "Zeus vom Savignyplatz" durfte kurz zwischen den anderen Schauspielern Platz nehmen und thronte da auf dem Stuhl wie ein König - König unserer Herzen!

Danach saßen die beiden noch eine Weile beim Kaffee zusammen. Dann musste Hermes weg. Kostas hatte es nun auch eilig, an die frische Luft zu kommen, ich ebenfalls, weil unsere Lungen piepten, und raus ging es in den Sonnenschein zum Rauchen. "Was für ein herrliches Wetter!" sagte ich. "Ja," sagte Kostas. "Das hat uns heute der liebe Gott geschickt!"
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17
Mrz
2020

In Corona-Zeiten...

In Corona-Zeiten ein bisschen spazieren und danach einkaufen gegangen.

Auf der Schaukel im Hof ein einsames Kind, das Selbstgespräche führt. Auf der Straße dagegen mehr Leute als sonst ins Gespräch vertieft. Vor einem Café sitzt ein Grüppchen an der frischen Luft und trinkt Bier. Kopf ab!

Das Einkaufszentrum ist voll, die Modegeschäfte sind leer. Im Reformhaus kann ich noch das letzte Brot und die letzte Flasche Milch ergattern. Im Drogeriemarkt gibt es keine Katzenstreu mehr, also muss ich zum teureren Supermarkt. Durch die Schlange am Nudelregal sehe ich mich veranlasst, mir zwei Päckchen Nudeln zu sichern. Außerdem ein paar Dinge, die der Wohlstandsbürger so braucht - Schokolade, Sushi, einen Piccolo. So eine kleine Flasche reicht ja für mich alleine. Da ich als Rentnerin jetzt Risikogruppe bin, wird mich vielleicht niemand mehr besuchen kommen.

Noch Erde und ein paar Frühblüher aus dem vietnamesischen Blumenladen, damit ich mir den Balkon schön machen kann. Der Blumenverkäufer packt alles in eine Plastiktüte ein und wischt den Griff mit Desinfektionsmittel ab.

Auf dem Heimweg treffe ich eine Nachbarin, auch Risikogruppe, da über 80. "Na," meint sie, "Hamsterkäufe gemacht?"
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16
Mrz
2020

Ansonsten alles wie immer

Als Rentnerin habe ich ja das Privileg, zu Hause zu bleiben und aufzustehen, wann ich will.

Nur heute habe ich mir wohl zu lang Zeit gelassen. Ein Mitarbeiter vom Verleih ruft an und bittet mich, die Soundanlage von der Demo etwas früher zurückzubringen. Sie hätten nichts zu tun und wären auf Kurzarbeit. Da will er wohl ein bisschen früher weg statt Däumchen zu drehen für das bisschen Geld.

Anschließend noch schnell einkaufen. Die Hamsterkäufer waren leider schon früher unterwegs. Der Supermarkt ist voller Kundschaft, aber die Regale sind halb leer. Keine Bio-Eier, keine Bio-Milch. Also erst mal vegan ernähren, kann ja nicht schaden. Die aufgebrachte Kassiererin zu ihrer Kollegin: "Die Jören sind jetzt ooch zu Hause. Soll ick die jetzt selber unterrichten? Nach Feierabend?"

Den Obdachlosen vor dem Markt frage ich, ob es denn nicht riskant für ihn wäre mit dem ganzen Kleingeld. Da zeigt er mir, wie er immer, wenn sich ein paar Münzen im Becher angesammelt haben, Desinfektionsspray drauf sprüht und alles gut durchschüttelt.

Ansonsten alles wie immer am Prenzlauer Berg.
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Halbe Frau

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